Schutz für Gewerkschaftsführer in Kolumbien – Jetzt unterschreiben!

Schutz für Gewerkschaftsführer in Kolumbien – Jetzt unterschreiben!

Am 1. Juli 2017 wurde Alberto Román Acosta González, Vorsitzender der Landarbeitergewerkschaft SINTRAINAGRO in Guacarí, ermordet. Diesem Mord im Zuckerrohranbaugebiet des Departments Valle de Cauca war im März ein Anschlag mit einer Handgranate gegen das SINTRAINAGRO-Büro in Ciénaga, Department Magdalena, vorausgegangen. Dort befindet sich das älteste Bananenanbaugebiet Kolumbiens.

Jetzt bittet SINTRAINAGRO um internationale Unterstützung für ihre Forderung an den Präsidenten Kolumbiens Juan Manuel Santos Calderón und seine Regierung, den Mord in einer vollständigen und transparenten Untersuchung aufzuklären und wieder angemessene Schutzmaßnahmen für die Gewerkschaftsführer und alle Mitglieder zu treffen. Denn nach dem Friedensvertrag mit der FARC hatte die Regierung den Personenschutz für die SINTRAINAGRO-Führung abgezogen. Aber wie die jüngsten Anschläge zeigen, sehen die Gegner des Friedensvertrags SINTRAINAGRO immer noch als Kriegsziel an.

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Zum Hintergrund:

Schlimme Lage für Gewerkschaften in Kolumbien

Der Rechtsindex 2016 des Internationalen Gewerkschaftsbunds IGB[1] zählt Kolumbien zu den zehn schlimmsten Ländern für erwerbstätige Menschen. Laut IGB-Report wurden “im Jahr 2015 in Kolumbien 20 Morde an Gewerkschafter/innen verzeichnet, so viele wie in keinem anderen Land der Welt.” Die Forderung nach besseren Arbeitsbedingungen setzt sie Morden, Drohungen, Entführungen und anderen Formen körperlicher Gewalt aus, heißt es im Report. Davon ist auch SINTRAINAGRO betroffen.

In der Zeitschrift Peripherie[2] wird aus einer kolumbianischen Quelle[3] zitiert, dass zwischen 1977 und 2015 rund 3.000 Gewerkschaftsmitglieder Morden zum Opfer fielen. Diese Übergriffe gingen in unterschiedlichem Maß von staatlichen Sicherheitsorganen, konspirativen Unternehmenspraktiken, Paramilitärs, organisierter Kriminalität und Guerilla aus. Eine Spirale sich aufschaukelnder Gewalt hatte zwischen 1991-1997 laut Angaben des Gewerkschaftsbildungswerks[4] in Medellín in Urabá zu 595 Morden an SINTRAINAGRO-Mitgliedern geführt. In diesen Jahren nahm die Zahl der Paramilitärs rasant zu, die die von der demobilisierten Guerilla geräumten Gebiete besetzten und die weiterkämpfenden Guerillaverbände zurückdrängten. Ein Teil der Morde geschah in Folge inner gewerkschaftlicher Kämpfe.

Interne Kämpfe

SINTRAINAGRO entstand 1989 durch den Zusammenschluss von zwei Gewerkschaften, die unterschiedlichen marxistischen Strömungen und Allianzen mit der Guerilla angehörten. Bei ideologischen und militärischen Machtkämpfen wurde der Teil der Gewerkschaftsmitglieder ausgeschaltet, der sich selbst nicht den 1991 demobilisierten Guerillagruppen zurechnete. Das Bekenntnis der siegreichen Fraktion zur Zusammenarbeit mit der Regierung und Wiedereingliederung der Demobilisierten ins gesellschaftliche Leben, dabei auch in Militär, Polizei und – illegal – in Paramilitärs, empfanden die weiterkämpfenden Guerillagruppen als Verrat und Kampfansage. Spätestens durch den Friedensvertrag der Regierung mit der FARC im Jahr 2016 sollten die militärischen Handlungen aller Kriegsparteien beendet sein. Aber nicht nur die Gewerkschaft ist trotz des Friedensvertrag von andauernden Anschlägen unterschiedlicher Akteure betroffen.

Kein Frieden für Friedens-Aktivisten

Die im März 1997 gegründete Friedensgemeinde von San José de Apartadó protestierte jüngst erneut gegen zunehmende Versuche von Armee und Paramilitärs, die Bevölkerung unter ihre Kontrolle und zur Kooperation zu zwingen. Die Friedensgemeinde praktiziert Neutralität, Waffenlosigkeit und Gewaltfreiheit auf ihrem Territorium, wird aber seit ihrer Gründung Opfer von Mordanschlägen, Raub, Erpressung und Verschleppungen. Um die 200 Gemeindemitglieder wurden getötet.

Zwischen dem 10. und 19. Juli 2017 gab es vier Übergriffe von Paramilitärs und zwei der Armee, bei denen Bewohner eingeschüchtert, mit dem Tod bedroht oder ihr Besitz gestohlen wurde. Ein Scharmützel zwischen Armee und Paramilitärs auf dem Territorium der Gemeinde wertet diese als Scheingefecht, um Gegnerschaft vorzutäuschen, während Paramilitärs ungehindert in Nachbarschaft zur Armee die Gemeindemitglieder drangsalieren. Der Ombudsman Kolumbiens Carlos Alfonso Negret gab Mitte Juli die Zahl der 2017 ermordeten zivilrechtlichen Aktivisten mit 52 an[5]. Negret beklagte, dass die große Mehrheit der Morde in den von der demobilisierten FARC verlassenen Gebieten erfolgt wären. Menschenrechtsbeobachter stimmen darin überein, dass eindringende Paramilitärs in diesen Gebieten Willküraktionen gegen die Zivilgesellschaft ausführen. Seit Anfang 2016 hätte es insgesamt 186 Morde gegeben, sagte Negret.

Erfolgreiche Tarifvertragspolitik

“Aufgrund der zahlreichen sogenannten ‘Kollektivpakte’, auf die die Arbeitgeber zurückgreifen, um echte Tarifverhandlungen über die Arbeitsbedingungen und Löhne zu untergraben, ist es zudem extrem schwierig für die Beschäftigten, Tarifverhandlungen zu führen. Diese Pakte werden mit nicht gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten ausgehandelt, die nicht in der Lage sind, kollektive Forderungen zu unterbreiten”, heißt es im Rechtsindex 2016 des Internationalen Gewerkschaftsbunds IGB zur Situation in Kolumbien.

Die arbeitsrechtliche Situation der Beschäftigten im Bananenanbau ist besser als in der übrigen Wirtschaft. SINTRAINAGRO gibt ihre Mitgliederzahl mit 35.000 Beschäftigen im Anbau von Bananen, Zuckerrohr, Ölpalmen, Reis und Blumen an. Im Bananenanbau handelt SINTRAINAGRO seit 1987 periodisch mit dem Unternehmerverband Augura Rahmen-Kollektivverträge (Acuerdos Generales) aus, die zu bedeutenden sozialen Verbesserungen für die Bananenarbeiter*innen führten. Durch spezifische Tarifverträge auf den einzelnen Farmen wird der Rahmen-Kollektivvertrag konkret umgesetzt. Die ersten Verträge mit den Bananenunternehmen waren vor mehr als 30 Jahren unter dem Druck der damals aktiven Guerilla erzwungen, als im heute größten Bananenanbaugebiet Kolumbiens, Urabá, auf den Farmen gesetzlose Zustände herrschten und die Arbeiter/innen unter elenden Bedingungen lebten. Heute gilt die Praxis regelmäßiger Vertragsverhandlungen zwischen Gewerkschaft und Bananenunternehmen als vorbildlich für andere bananenproduzierende Länder Lateinamerikas.

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[1] http://www.ituc-csi.org/der-2016-globale-rechtsindex-des

[2] PERIPHERIE Nr. 142/143, 36. Jg. 2016, Verlag Barbara Budrich, Leverkusen, S. 242-267

[3] SINDERH – Sistema de Información en Derechos Humanos (2015), Banco de datos. Medellin, Letzter Stand 13.5.2015.

[4] In: SINDERH, a.a.O.

[5] http://www.elespectador.com/noticias/paz/ya-van-52-lideres-sociales-asesinados-este-ano-articulo-702980

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